"Sie müssen den Mehrwert des Lernens erkennen"

Lassina Deba war mehrere Jahre lang in der Unterstützung von kommunalen Einrichtungen tätig, bevor er Programmleiter bei der NRO EVEIL mit Sitz in Sévaré in Mali wurde. Er koordiniert dort u.a. das von DVV International geförderte Projekt zur Stärkung nachhaltiger Strukturen der non-formalen Bildung in der Region Mopti.

Warum ist non-formale Bildung in der Region Mopti wichtig?

Während der vielen Jahre, die ich in und mit verschiedenen Gemeinden in Mopti gearbeitet habe, bemerkte ich einen starken Mangel an Grundkenntnissen wie Lesen, Schreiben und Rechnen bei den Erwachsenen vor Ort. Es war sehr deutlich, dass es einen großer Bedarf an Bildungsangeboten gibt, damit die Mitglieder von Organisationen, wie zum Beispiel von landwirtschaftlichen Kooperativen, diese Kenntnisse erwerben und sie in ihr tägliches Leben integrieren können. In Mopti gab es nie solch große Alphabetisierungsprogramme wie sie im Süden Malis im Rahmen von Kommerzialisierungsinitiativen für den Baumwoll-Sektor durchgeführt werden. Das hat damals viele Menschen motiviert, lesen und schreiben zu lernen. Hier in Mopti müssen wir andere Wege finden, damit die Menschen erkennen, dass ihnen richtiges Lesen, Schreiben und Rechnen den Zugang zu Einkommen ermöglicht. Außerdem geht es mir um die Frage, wie man bürgerschaftliches Engagement und demokratisches Wissen ausreichend stärken kann. Denn der Prozess der Demokratisierung und Dezentralisierung in Mali bietet einen institutionellen Rahmen für die Beteiligung an Entscheidungsprozessen und die Mobilisierung lokaler Initiativen für Lernende. Die Ansätze, die von EVEIL gefördert wird, unterstützen die Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich ihrer sprachlichen, kommunikativen, didaktischen und pädagogischen Kompetenzen und das in der jeweiligen lokalen Sprache.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel für den Erfolg der Erwachsenenbildung in Ihrer Region nennen?  

Ja, apropos Staatsbürgerschaft: Auf der Basis einer Initiative von EVEIL wurden zum Beispiel Alphabetisierungsansätze in ein Projekt zur Förderung von politischer Bildung integriert. Das bedeutete, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelernt haben, wie Gemeinden, Kreisräte, Regionalräte, die Nationalversammlung usw. funktionieren, welche Rollen und Verantwortlichkeiten es in einer Regierung gibt, welche Pflichten und Rechte sie als Bürgerinnen und Bürger haben und so weiter. Dazu haben sie dann lesen, schreiben und rechnen gelernt wodurch die Wirkung des Programms erheblich gesteigert wurden konnte. Denn so konnten sie sich nach dem Programm auch konkret an der lokalen Verwaltung beteiligen. Es war ein großer Erfolg, dass viele von ihnen nach dem Programm kommunalpolitische Aufgaben als Bürgermeister oder Ratsmitglied übernahmen.

Wie soll sich die Erwachsenenbildung in der Region Mopti entwickeln?

Ich denke, es ist wichtig, dass die Alphabetisierung besser an die tatsächlichen Bedürfnisse der Lernenden angepasst wird, d.h. sich auf die Themen konzentriert, die für die Teilnehmer von Interesse sind. Die Realität ist, dass viele Erwachsene ihr Einkommen verbessern wollen und daher die Kombination von Alphabetisierung mit z.B. einkommensschaffenden Aktivitäten verstärkt werden muss. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass Themen wie Regierungsführung, Staatsbürgerschaft oder lokale Entwicklung eine wichtige Rolle in Alphabetisierungsprogrammen spielen sollten. Nicht zuletzt braucht es mehr Flexibilität und Anerkennung durch den Staat in Bezug auf non-formale Bildungsangebote.

Welches Problem der non-formalen Bildung kann ohne Geld gelöst werden?

Was wir ohne Geld tun können, ist, auf partizipative Weise relevante Inhalte für Alphabetisierungsprogramme zu entwickeln, die es den Zielgruppen ermöglichen, ihre beruflichen Aktivitäten zu verbessern. Im Gegensatz zur herkömmlichen Alphabetisierung sind Programme, die auf reale Lernbedürfnisse eingehen, für Erwachsene sehr motivierend. Erwachsene müssen den Mehrwert ihres Lernens erkennen, um sich darauf einzulassen. Dazu müssen prioritäre Themen gemeinsam mit den Lernenden festgelegt werden.